Freitag, 23. April 2010

Besser arbeiten mit Justus, Peter und Bob

Ich komme oft in die Verlegenheit, erklären zu müssen, wie wir arbeiten. Weil hunderttausend.de sich so lustig anhört, denken die Menschen da draußen, wir hätten einen leichten Job. Das stimmt natürlich nicht.
Ich arbeite dann gerne mit Verstehen durch Vorstellen und versuche, möglichst bildhafte Metaphern für unseren Arbeitsalltag zu finden. Das alles, ohne die Verschwiegenheitsklausel zu rammen, die ich kürzlich in meinem Arbeitsvertrag entdeckt habe.

Ich glaube, ich kann das trotzdem sehr gut erklären. Meinen Großeltern zum Beispiel: Sie kennen das Internet nicht. Weil ich Ihnen genauso gut wie allen anderen erklären möchte, was wir hier tun, betone ich den bürokratisch-konventionellen Charakter unserer Arbeit: Man hat es sich vorzustellen wie eine Poststube. Jeder hat einen Schreibtisch und zwei Körbe: Einen mit zu erledigenden Aufträgen (links), einen mit erledigten Aufträgen (rechts). Der Arbeitsprozess besteht darin, die Blätter aus dem linken Korb zu entnehmen, abzustempeln und im rechten Körbchen abzulegen. Dabei ist wichtig, dass man den ganzen Tag möglichst gelangweilt aussieht. In Zeiten höchsten Betriebes stellen wir ein Schildchen auf den Schreibtisch, auf dem steht: „Dieser Schalter ist zurzeit nicht besetzt“. Dann gehen wir in die Schenke nebenan und trinken aus Krügen. Alles wie 1878.
Daran erinnern sie sich, das verstehen sie. Und so ist es ja auch: Die Körbchen stehen zwar in Outlook, und sie heißen nicht Körbchen, sondern Events-Ordner und Done-Ordner. Aber an der Arbeitshaltung des preußischen Ministerialbeamten ändert das nichts.

Beim der Jugend ist das schwieriger. Ich finde hier keinen fruchtbaren Boden der Unkenntnis, auf dem ich Pflanzen der Verherrlichung säen könnte. Sie sind voreingenommen. Sie denken: Online ist neu, online ist aufregend. Die Geschichte mit den Körbchen kann ich hier nicht erzählen, sie lachen dann, weil sie es besser zu wissen glauben: so jung, und schon so altklug.

Ich weiß jetzt aber, wie ich sie kriege. Seitdem unsere Redaktion auf drei Posten geschrumpft ist, kann ich endlich einer ganzen Generation von Kassettenkinder unsere Arbeit erklären: Wir sind die drei Fragezeichen. Es mag vermessen klingen, doch ich habe in den letzten Wochen interessante Parallelen herausgearbeitet, die ich heute gerne der Öffentlichkeit vorstellen würde.

Also:
Erster Detektiv: Johannes Friedrich. Zweiter Detektiv: Kathrin Schug. Recherchen und Archiv: Dorian Steinhoff. Wir übernehmen jeden Fall. Warum darf Dorian Bob Andrews sein? Weil er so belesen ist? Auch. Aber vornehmlich, weil er seit Wochen am Relaunch des neuartigen Gastro-Guides arbeitet. Wer fehlt? Alfred Hitchcock natürlich. Der ist wichtig, denn in Schlüssel- und Umbruchszenen schaltet er sich moderierend in das Geschehen ein, macht aufmerksam und passt auf. Auch diesen Akteur haben wir, sogar in zweifacher Ausführung. Ich möchte ihn der Einfachheit halber Jörg Heid nennen. Er verfügt über die Richtlinienkompetenz und wacht wohlwollend über unsere detektivische Katalogisierung des Stadtgeschehens. Wenn es gefährlich wird, und wir Gefahr laufen, einen wichtigen Termin zu verpassen, schaltet er sich ein und sagt: „Detektive, ist euch aufgefallen, dass um die Iden den Mai ein mysteriöses Loch in unserem Kalender klafft?“. Dann treffen wir uns auf dem Schrottplatz und überlegen, was zu tun ist. Wenn ich darüber nachdenke, bin ich froh, dass wir die drei Fragezeichen und nicht die reaktionären Pfosten von TKKG sind.

Der nächste Mensch zwischen 14 und 48 Jahren, der mich also fragt, wie wir arbeiten, bekommt die Antwort: „Wir pflegen keine Homepage, wir lösen Fälle!“. Dann reiche ich ihm unsere Karte.

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