Es ist groß, hässlich, und gähnend leer. Es kommt in jedem Jahr so verlässlich wie der Besuch eines unliebsamen alten Bekannten, dem man – aus Scheu vor einer Konfrontation – nicht sagen möchte, dass er hier eigentlich nicht erwünscht ist. Man isst stattdessen gemeinsam trockenes Gebäck und hört den langweiligen Geschichten zu, die keine sind.
Es hat gerade wieder geklingelt und das Gebäck steht auf dem Tisch. Niemand freut sich. Die sonst so fröhlichen Redaktionskinder schlurfen von der Zigarette zum Rechner und wieder zurück, öffnen erwartungsvoll E-Mails und immer noch ist nichts zu tun. So geht das von Juli bis September. Die Zeit steht still, ganz Trier schläft und die Veranstalter machen Urlaub in Polen. „Das ist eben so, das muss man hinnehmen“, sagt die Schaltstelle „Das ist das Sommerloch“. Ich habe ein Problem damit, weil ich das nicht glauben kann, und es so lange für ein selbstreferentielles Medienproblem halten muss. Ich sehe natürlich, dass hier gerade wenig passiert. Aber ich glaube eher an eine Verschiebung als an ein Loch, und ich habe eine Idee, wie alles besser wäre.
Denn natürlich ist viel los, aber es findet jenseits des institutionellen Veranstaltungs-Zaumzeugs statt. Im Nordbad schwimmen nachts Heerscharen von illegalen Badegästen, auf den Sandsteinfelsen machen die Flucht-Jungs ein Open Air und wohin das Auge blickt, ist Leben. Das gefällt mir einerseits sehr gut. Ich würde mich allerdings noch mehr freuen, wenn hunderttausend.de sich als Medium auf dieses Phänomen einlassen würde. Ich denke da an mein Lieblingsformat im Deutschlandradio, 2254. Es findet immer nachts um ein Uhr statt, dann gibt es ein Thema, und zu dem darf einfach jeder anrufen. Mitten in der Nacht rufen natürlich auch nur die Leute an, von denen man denken würde, dass sie mitten in der Nacht anrufen könnten: Betrunkene Hausfrauen aus Saarlouis, Gestrandete Lastwagenfahrer in der Haltebucht einer Ruhrpott-Autobahn. Mein Lieblingsmoderator ist Oliver Thoma. Er bleibt dann immer ganz ruhig und schlürft laut seinen Kaffee.
Ich würde gerne diese Rolle übernehmen. Ich würde dann hier in der Redaktion sitzen, nachts um eins, wenn durch das offene Fenster angenehm kühle Luft hereinweht. Ich würde den Autos auf der Nordallee hinterher schauen und mich urban fühlen. Wenn Hörer anrufen, laut Kaffee schlürfen. Die Trierer Weggeh-Gesellschaft würde einfach immer von dort anrufen, wo sie gerade ist. Wem das gefällt, der kann dann auch kommen. Ich wäre Operator und würde alles in den Kalender eintragen, der dann wieder prall und wohlgenährt wäre, wie ein dickes Kind. Wir könnten auch über Probleme reden, die kann ich sehr gut lösen, wie Domian. Unsere Hauptaufgabe wäre natürlich, uns immer wieder vor Augen zu halten, dass es das Sommerloch nicht gibt. Dass das Leben nicht weg ist, sondern nur woanders. So, und nur so, könnte mir der Sommer hier richtig viel Spaß machen.
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