Donnerstag, 4. Juni 2009

Putzpläne und Umgehungsstrategien

Geschäftsführer Halstein verweilt derzeit im Urlaub. Gerade eben war ich in der Küche. Dem Reinigungsplan konnte man entnehemen, dass Jörg in dieser Kalenderwoche zusammen mit einem Kollegen für die Reinlichkeit in unserer Kaffeekombüse zuständig ist. Jörg ist also genau in der Woche in den Urlaub gefahren, in der er eigentlich putzen müsste. Putzen und Urlaub sind zwei Dinge, die für mich sehr weit auseinanderliegen. Für Jörg anscheinend auch, nun sogar räumlich gesehen, haha. Ich finde seine Vorgehensweise außerordentlich geschickt. Den nächsten Putzdienst hat Jörg in der 30. Kalenderwoche. Jemand sollte ihn warnen und schon mal Urlaub beantragen. Ich biete mich freiwillig dafür an. Ein solch geschicktes Verhalten sollte man unterstützen.

Zumal Jörg jeden Vorwurf galant parieren kann und auch wird, da bin ich mir sicher, in dem er zunächst darauf verweist, dass er in betreffender Woche auch keinen Schmutz gemacht hat. Die logische Replik darauf wäre, ihn darauf aufmerksam zu machen, dass in den Wochen zuvor durchaus Schmutz von ihm produziert wurde und dieser auch von Kollegen beseitigt wurde, die die Küche wohlmöglich nicht benutzen, weil sie nur auswärts essen oder keinen Kaffee trinken. Ich glaube, Jörg würde dann eine gekonnte staatsmännische Mine aufsetzen und sagen, er sei von allen 23 Kalenderwochen, also 115 Werktagen, die Feiertage nicht subtrahiert, höchstens 23 Mal überhaupt in der Lage gewesen, die Küche zu benutzen, weil er ständig zwischen Dubai, New York und Peking pendele, das nur dem Wohle der Firma zugute komme, und jedwede weitere Beschwerde doch bitte per E-Mail an ihn zu richten sei, auch wenn sein Postfach vor belanglosen Banalitäten förmlich überquille. Der Erfolg einer strategischen Aussage hängt immer mit der Vehemenz des Vortrags zusammen. Und ich habe wahrscheinlich nicht unrecht damit, wenn ich behaupte, dass angeblöffter Kollege wahrscheinlich nicht weiter auf den nicht erledigten Putzdienst eingehen wird, nachdem ihm dieser Beleg des Selbtbewußtseins zu Ohren gekommen ist. Diese sozialdarwinistische Konversationslogik ist widerlich und abstoßend, aber doch immer wieder zu beobachten.

Jetzt habe ich, nachdem ich meinem Chef zunächst Vorsatz für das Versäumen des Putzdienstes unterstellte, auch noch seine möglichen Reaktionsmuster als abstoßend und widerlich denunziert. Daher sehe ich mich nun dazu genötigt, meine komplette Ausführung zu relativieren. Mit Sicherheit wusste Jörg nichts von seinem Putzdienst, weil die Terminsynchronisation seines iPhones nicht funktionierte, und wir freuen uns alle, wenn er wieder da ist.

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