Manchmal habe ich den Eindruck, dass niemand unsere Artikel liest. Alle kommen sie nur wegen den Kleinanzeigen. Sie benutzen uns, um ihre Spülmaschinen, Wasserbetten und mein geklautes Fahrrad zu verhökern. In China nennt man das: Die Zither vor dem Rind spielen.
Gerade ist Sommerloch, deshalb haben wir manchmal nichts zu tun. In unserer Freizeit schauen wir dann gerne mal in den Kleinanzeigenmarkt. Da gibt’s kein Sommerloch. Der Kleinanzeigenmarkt ist nämlich ein Barometer für das Stadtgeschehen. Momentan boomt der Wohnungsmarkt.
Ich persönlich fand die vorherige Phase aber noch spannender. Da war gerade Frühling und zu dieser Zeit schnellen die Einträge in der Rubrik »Kennenlernen« hoch. Diese Rubrik ist in Wirklichkeit aber ein Sammelbecken für menschliche Kuriositäten. Am 28. Mai schrieb zum Beispiel "Tim":
"Hi! Single-Mann (30, 185cm, 80kg) sucht hübsche, liebe Single-Frau (zw. 24-32 J.). Am besten eine, die normalerweise nicht auf Kontaktanzeigen antwortet, diesmal ne ausnahme macht, weil sie gerade alleine ist u diagonal im Bett liegt, damit die Leere daneben nicht weiter auffällt;)"
Ich finde das hochinteressant, und frage mich dann, warum Leute das tun und was für Gründe sie noch finden, um diagonal in ihren Betten zu liegen.
Bei "neunmalneunzehn" lesen wir folgende enthusiastische Worte:
"Freunde von mir wollen, dass ich mir eine Freundin suche. Wenn Du das genauso siehst und mich kennenlernen möchtest, dann schreib mir doch einfach. Ich bin männlich, 31 Jahre alt. Den Rest mit gut aussehend, treu, ehrlich usw. lassen wir mal besser aussen vor, weil das ja eh jeder behauptet."
Aber mein All-Time-Favourite unter allen Kleinanzeigenbegebenheiten war eine andere Geschichte:
Ein Mann inserierte, dass er Frauen suche, die in knappen französischer Putzkleidchen seine Wohnung putzen. Und nein, nein: Es gehe ihm dabei nicht um Sex, er wolle ihnen einfach nur dabei zuschauen, dass allein würde ihn schon sehr erregen.
So weit, so…weit. Überrascht hat mich, dass kurz darauf zwei weitere Inserate erschienen. Zwei Damen beschwerten sich, etwas würde mit der Mail-Adresse des Herren nicht stimmen, er möge das doch bitte überprüfen. Und sie dann kontaktieren. Sie würden jetzt gerne putzen.
Ich habe diesen Mann ein wenig in mein Herz geschlossen, denn hinter seinem vorgeschützten Putz-Fetisch liegt ja ganz offensichtlich auch noch die Errungenschaft, sich seinen Trieben von nun an in einer reinlich geputzten Wohnung hinzugeben. Ohne für das Großreinemachen zu zahlen, im Gegenteil.
Das ist ganz schön tricky.
Wenn das Sommerloch vorbei ist, hätte ich diesen gewitzten Mann gerne als Praktikanten in unserer Redaktion. Er würde dann seine Mädchen mitbringen, und das wiederum würde unsere Reinemachefrau ein wenig entlasten, die angezogen und ehrlich ihr Geld verdient.
Alle wären dann immer erregt: die Frauen, weil sie französisch putzen dürfen, und der Praktikant, weil er ihnen zusehen darf. Die Präsenz dieses merkwürdigen Dreiergespanns würde allerdings auch uns vielleicht vom Arbeiten ablenken, und wir arbeiten ganz schön hart außerhalb des Sommerlochs. Das geht also auch nicht.
Das Beste wird wohl sein, wenn sie bleiben, wo auch immer sie jetzt sind. Wenn sie nur ab und an ihre frivolen Anzeigen bei uns schalten und so unseren Redaktionsalltag ein kleines bisschen wilder machen.
Freitag, 31. Juli 2009
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