Montag, 14. Februar 2011

Mario Barth - Wege aus dem Abgrund




Wie ich an dieser Stelle schon einmal erwähnt habe, erregte die Meldung "Mario Barth in der Arena Trier: Drei Tage in Folge ausverkauft" einst meinen Unmut. Ich habe noch einmal über meine Haltung nachgedacht und möchte sie gerne revidieren: Blanke Verachtung erscheint mir nicht nur zu einfach, sie erscheint mir auch nutzlos. Die Intelligenzija dieses Landes hat mich im Umgang mit Mario Barth schwer enttäuscht. "Das ist so primitiv, so sexistisch, das appelliert an ganz, ganz niedere Instinkte", sagen sie seufzend, während sie kurz von ihren Derrida-Studien aufblicken und die Schultern zucken. Dann ziehen sie sich zurück in den Elfenbeinturm, weil es draußen so zugig ist. Dort aber geht das Schlachten und Roden weiter, ein Bus nach dem anderen wird mit dem Barth-Stigma versehen, die Plakatwände der Städte zeigen alle das gleiche debile Grinsen, eine Arena nach der anderen füllt sich mit willigen Zuschauern, die vergessen haben, was Komik auch sein kann.

Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn wir hier von einer Schlacht sprechen, die es auszufechten gilt. Mit intellektuellen Phrasen über Humorkritik kommen wir allerdings nicht weiter. Die einzige Möglichkeit: Barth an seiner Achillessehne treffen – der gnadenlosen Über-Präsenz in der Öffentlichkeit.

Die heikle Werbekampagne, die von der Agentur kempertrautmann für Media Markt ausgearbeitet wurde, scheint ihr Ziel nämlich in genau dieser Richtung verfehlt zu haben. Laut Medienberichten erlebte Media Markt mit der "Dit ist mein Laden"-Werbereihe erstmals eine Umsatz-Stagnation. Als Konsequenz wurde die Zusammenarbeit mit der Agentur aufgekündigt.

Für unsere Zwecke könnten wir diesen Zusammenhang natürlich gewinnbringend einsetzen. Ich denke da an Effekte wie die Entwicklung des Aktienkurses der Firma Bilfinger Berger, nachdem Roland Koch als neuer Vorstandsvorsitzender bekannt gegeben wurde. Eine solche Negativ-Polarisation haben Koch und Barth anscheinend gemeinsam, und das sollte nicht ungenutzt bleiben.

Wir dürfen uns nicht scheuen, hier auch in größeren Dimensionen zu denken. Möglich wäre eine Übertragung dieses Zusammenhangs auf drängende gesellschaftliche Fragen. Wenn wir der Formel "Werben mit Mario Barth = Bedeutungsabnahme/Popularitätsverlust des beworbenen Gegenstandes" einmal weiterdenken, erschließen sich uns unendliche Felder der Anwendungsmöglichkeiten. Ich denke hier an besagte Busse und Plakatwände, bedruckt mit Slogans wie "Kapitalismus – dit is mein System" oder "Mubarak – dit is mein Staatsmann". Jahrhundertelange Klassenkämpfe und kräftezehrender Volksaufstand könnten so einfach an die Agentur kempertrautmann ausgelagert werden, auf dass sie sich von selbst erledigen.

Ich bin versucht, dies eine Win-Win-Situation zu nennen. Globale Verteilungsgerechtigkeit und - vielleicht viel wichtiger: Ein Mario Barth, der seine Mitmenschen endlich nicht mehr gewinnbringend mit billigster Schein-Komödie belästigen kann. Auf seinem weiteren Lebensweg als Telekommunikationsanlagen-Elektroniker wünsche ich ihm dann alles erdenklich Gute.

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