Dienstag, 6. Dezember 2011

"Sie sind geimpft und entwurmt und wurden Tierarzt überprüft, wie gut."

Zu einem der frustrierendsten Erlebnisse im Leben eines hunderttausend.de-Redakteurs gehören die Momente, in denen man in geselliger Runde erzählt, womit man sein Geld verdient und als Antwort bekommt "Ach, cool. Auf hunderttausend.de habe ich meine Wohnung gefunden"*.

Das frustrierende daran ist nicht die Tatsache, dass man unseren Kleinanzeigenmarkt kennt, ganz im Gegenteil. Es ist gut, dass es ihn gibt und es ist schön, dass das "Produkt" so bekannt und beliebt ist. Frustrierend ist lediglich die Tatsache, dass der Teil am bekanntesten zu sein scheint, der zwar auch viel Arbeit macht, aber in den nicht so viel Herzblut gesteckt wird, wie es beim Veranstaltungskalender oder dem Magazin-Teil der Fall ist.

Man muss dem Kleinanzeigenmarkt aber zugestehen, dass er seine eigenen Highlights hat. So gibt es zum Beispiel Menschen, die die Rubrik "Kennenlernen" so sehr vermissen, dass sie in ihrer Verzweiflung in den anderen Kategorien nach potentiellen Partnern inserieren. Einige sind dabei sehr kreativ und verstecken ihr Anliegen hinter extremst detaillierten Vorstellungen, an wen sie ihre "übrige" Sitzplatzkarte für das Event am Wochenende verkaufen möchten, andere fallen gleich mit der Tür ins Haus, in der Hoffnung, dass es schnell wirkt, bevor die Kleinanzeige entfernt wird.**

Ebenfalls sehr schön sind Anzeigen, die man sich hätte sparen können, wenn man den Kleinanzeigenmarkt effektiver nutzen würde. Ein Beispiel: Hätte die "21 Jahre alte Studentin", die einen "Job als Bügel- und Haushaltshilfe sucht" sich im Anzeigenmarkt umgesehen, BEVOR sie ihre Anzeige schaltet, wäre ihr bestimmt aufgefallen, dass ein "junges, berufstätiges Paar" eine eben solche Hilfskraft benötigt. Nun kennt man natürlich nicht die Hintergründe der einzelnen Personen. Vielleicht kennt man sich bereits und mag sich nicht oder aber man hält generell nichts davon, auf Kleinanzeigen fremder Menschen zu antworten. Wer weiß?

Zu meinen persönlichen Lieblingen zählen aber die ganz besonderen Stilblüten, bei denen es dem Leser frei gestellt bleibt, die Quelle der Unverständlichkeit zu suchen. Vom Tippfehler bis hin zum Google-Online-Übersetzer ist hier vieles denkbar. So fragt man sich beispielsweise bei Sätzen wie "Verkaufe 2 Barhöcker", ob dort ein Kamel an den Tresen geladen wird? Anpreisungen mit dem Wortlaut "Sie sind geimpft und entwurmt und wurden Tierarzt überprüft, wie gut." mag man zunächst für überschwängliches Marketing halten, aber legt der Folgesatz "Sie sind gesund und haben Familie aufgewachsen, so sind sie für Kinder verwendet." den Verdacht auf schiefgegangene Experimente mit Übersetzungssoftware nahe.

Aber auch Sätze wie "bald ist Weihnachten" oder "das ideale Geschenk" können dazu gerechnet werden, schließlich sollte man meinen, dass der Käufer doch selbst am besten wisse, was sich als Geschenk eignet und was nicht. Oder ist Trier wirklich so klein, dass jeder weiß, was man sich untereinander schenken sollte?

Der Hinweis "Preis ist Verhandlungsbasis" sollte nicht außen vor bleiben, da er, wenn er ganz alleine und ohne konkrete Summe steht, ebenfalls sehr fragwürdig ist, da ja schließlich die Preisangabe als Basis der Verhandlung fehlt. Der Satz kommt übrigens immer häufiger auch ohne Zahl in Kaufgesuchen vor. Wer lässt sich denn aufs Feilschen mit einem Käufer ein, der von vorn herein schon mit einem nicht vorhandenen Betrag unzufrieden ist?

Um dem Eindruck, es werde hier nur gelästert, abzumildern, soll hier auch einmal erwähnt sein, dass in Spitzenzeiten mehr als 300 Kleinanzeigen pro Tag online gehen. Gott sei Dank sind die oben genannten Fälle die Ausnahmen, die ein wenig Abwechslung und Erheiterung in den Kleinanzeigenmarkt bringen. Bei so großen Zahlen kann es passieren, dass einige aus der Reihe tanzen. Das ist auch gut so, denn so bleibt immer spannend, was wohl als nächstes passieren wird.


*Auch:
Auf hunderttausend.de...
...habe ich meinen Mitbewohner kennengelernt.
...meine alte Küche verhökert.
...Tickets für ein Konzert erstanden.
...mein Auto gegen eine Tafel Schokolade getauscht.
...etc.

** Was erlaubt ist und was nicht kann und sollte von jedem eingesehen werden, der Kleinanzeigen schalten möchte: http://www.hunderttausend.de/anzeigenm/Nutzungsbedingungen.aspx

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